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11.08.2025

_eu-sanktionen: ausweitung der haftung und einheitliche strafen

eu-sanktionen: ausweitung der haftung und einheitliche strafen. Johanna Dobert / Foto: Jan Northoff
Johanna Dobert / Foto: Jan Northoff

Mit der Richtlinie (EU) 2024/1226 setzt die EU neue Maßstäbe für die strafrechtliche Ahndung von Sanktionsverstößen – mit klaren Vorgaben zur Umsetzung durch die Mitgliedstaaten und erheblichen Folgen für Unternehmen. Neben einheitlichen Straftatbeständen und Sanktionen verpflichtet die Richtlinie zu strengeren Compliance-Maßnahmen. Der folgende Text beleuchtet die Hintergründe der Richtlinie, den Stand der Umsetzung in Deutschland sowie die praktischen Anforderungen, die künftig auf Unternehmen zukommen.

Hintergrund der Richtlinie

Die Richtlinie (EU) 2024/1226 harmonisiert in allen EU-Mitgliedstaaten die Definition strafbarer Handlungen und Sanktionen bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen der Union. Sie stärkt die Wirksamkeit von Einfrierungs-, Bereitstellungs- und Umgehungsverboten sowie Einreise- und Durchreisebeschränkungen und schließt bestehende Vollzugslücken in der Binnenmarktordnung. In Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine soll die Richtlinie Ermittlungen und Strafverfolgung bei Sanktionsverstößen erleichtern und verhindern, dass Täter „Forum Shopping“ betreiben, d.h. nebeneinander bestehende Gerichtsbar- und Zuständigkeiten zu ihren Gunsten systematisch ausnutzen.

Wesentliche Regelungen

Die wesentlichen Straftatbestände aus Art. 3 der Richtlinie beziehen sich auf vorsätzliche Verstöße gegen die im Unionsrecht verankerten restriktiven Maßnahmen der EU, u.a. das unmittelbare und mittelbare Bereitstellungsverbot sowie Einfrierpflichten für Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, Ein- und Durchreiseverbote, sektorale Embargos sowie das Umgehungsverbot.

In den Art. 5 und 7 der Richtlinie ist geregelt, welche Sanktionen die Mitgliedstaaten sowohl für natürliche also auch für juristische Personen bei einem Verstoß gegen eine restriktive Maßnahme der Union verhängen können. Bei natürlichen Personen können die Mitgliedstaaten – je nach Art und Schwere des Verstoßes – Freiheitsstrafen von im Höchstmaß mindestens einem bis fünf Jahre, Geldstrafen sowie den Entzug von Genehmigungen, Verbot der Ausübung von Führungspositionen oder öffentlicher Ämter vorsehen. Verstöße von juristischen Personen können nach der Richtlinie je nach Art und Schwere des Verstoßes mit Geldbußen von bis zu 5 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes der juristischen Person oder mit bis zu 40 Mio. EUR geahndet werden. Ebenso kommen u.a. der Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen, ein Verbot der Ausübung einer Geschäftstätigkeit, die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen oder die Schließung von Einrichtungen in Betracht.

Ein Unternehmen haftet gemäß Art. 6 der Richtlinie, wenn eine Straftat zu Gunsten der juristischen Person von einer Person begangen wurde, die eine Führungsposition innerhalb der jeweiligen juristischen Person innehat oder wenn die Straftat durch mangelnde Aufsicht und Kontrolle der Führungsperson ermöglicht wurde.

Umsetzung in Deutschland

Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht endete am 30.05.2025. Jedoch hat Deutschland die Richtlinie – im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten - nicht fristgerecht umgesetzt. Die damalige Bundesregierung legte im Herbst 2024 lediglich einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften vor.

Im Außenwirtschaftsgesetz sieht der Entwurf weitreichende Erweiterungen insbesondere der §§ 18 Abs. 1, 19 AWG vor: Wer Finanzsanktionen oder Transaktionsverbote missachtet, setzt sich künftig nicht nur in besonders schweren Fällen höherer Strafandrohungen aus, sondern macht sich schon bei leichter Fahrlässigkeit strafbar. Neu hinzu kommt ein Tatbestand zur Vermögensverschleierung, mit dem Umgehungsgeschäfte gezielt unterbunden werden. Meldepflichten werden ausgeweitet und gelten zukünftig grundsätzlich „für jedermann“ – von Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger abgesehen. Auch beim Handel mit Dual-Use-Gütern und sanktionierten Technologien würden strengere Sorgfaltsanforderungen in Kraft treten, um Schlupflöcher effizient zu schließen. Eine humanitäre Ausnahmeregelung gewährleistet jedoch, dass dringend gebotene Hilfeleistungen nicht ins Leere laufen.

Ergänzend sieht der Gesetzesentwurf eine Anpassung der Außenwirtschaftsverordnung vor, um Ordnungswidrigkeiten bei Sanktionsverstößen klarer zu fassen und mit abgestuften Bußgeldern zu belegen. Im Aufenthaltsgesetz würde ein neuer Straftatbestand entstehen, der das Erleichtern der Einreise gelisteter Personen unter Strafe stellt. Zudem würde in dem Zollfahndungsdienstgesetz eine rechtliche Grundlage für die intensivere Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Sanktionsbehörden geschaffen werden. Hierfür ist beim Zollkriminalamt eine Koordinierungsstelle geplant, um Ermittlungen besser abzustimmen. Der Entwurf sieht auch im Wettbewerbsrecht Neuerungen vor: Das Bundeskartellamt erhält erweiterte Befugnisse, um die Europäische Kommission bei grenzüberschreitenden Fusions- und Missbrauchsprüfungen effektiver zu unterstützen.

Unklar bleibt allerdings, ob der Gesetzesentwurf in seiner bisherigen Form verabschiedet wird und wenn ja, wann mit einer Gesetzesverabschiedung zu rechnen ist.

Bedeutung für Unternehmen

Unternehmen, die in der EU tätig sind, müssen in Zukunft damit rechnen, dass folgende Handlungen in allen EU-Staaten unter Strafe stehen werden:

  • Versäumnis des Einfrierens von Geldern und Wirtschaftsressourcen
  • Bereitstellung von Geldern oder sonstigen wirtschaftlichen Ressourcen
  • Einreise- und Transitzuwiderhandlungen gegen gelistete Personen
  • Verstöße gegen sektorale Wirtschaftssanktionen (z. B. Embargos, technische Hilfe)
  • Verstöße gegen Waffenembargos
  • Umgehung von Sanktionen
  • Missachtung von Meldepflichten gegenüber zuständigen Behörden

Zur Vermeidung von Strafrisiken, müssen Unternehmen daher – wie bislang auch - eine Risikoanalyse und regelmäßige Sanktions-Due-Diligence durchführen. Es ist empfehlenswert, interne Kontroll- und Freigabeprozesse für Transaktionen mit Drittländern sowie automatisierte Screening-Tools für Embargo- und Sanktionslisten einzuführen. Ebenso ist die Schulung und Sensibilisierung aller für diesen Bereich relevanten Mitarbeitenden hinsichtlich der (Sanktions-)Compliance von enormer Bedeutung.

Unternehmen sind angehalten, bei Anfragen der zuständigen Behörden zügig Auskunft zu erteilen und interne Daten so zu strukturieren, dass sie möglichst zeitnah bereitgestellt werden können.

Sofern ein Unternehmen diese Maßnahmen zur Risikovermeidung in den Prozessen nicht etabliert und damit die erforderlichen Sorgfaltspflichten missachtet, besteht ein erhebliches Haftungsrisiko.

Kontakt:

Über die im Einzelfall nicht leicht zu ermittelnden geltenden Bestimmungen beraten wir Sie gerne.

Johanna Dobert, Rechtsanwältin, Associate

dobert@clayston.com

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