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13.08.2025

_influencer unter beobachtung: steuerfalle social media

influencer unter beobachtung: steuerfalle social media. Benjamin Knebel, Foto: Jan Northoff
Benjamin Knebel, Foto: Jan Northoff

Influencer sind längst mehr als reine Content-Creator. Sie sind Unternehmer mit teils erheblichen Einkünften aus Werbung, Kooperationen und digitalen Produkten. Genau deshalb rücken sie verstärkt ins Blickfeld der Steuerfahndung. Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF) in NRW hat eigens ein spezialisiertes „Influencer-Team“ gegründet, das sich ausschließlich mit dieser Szene beschäftigt. Ziel ist es, die Strukturen und Geschäftsmodelle der Branche zu analysieren und Steuerstraftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten aufzudecken.

Influencer mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland müssen sich folgende Fragen stellen: Wann entstehen steuerliche Pflichten für mich? Wie wirken sich Versäumnisse bzgl. meiner steuerlicher Pflichten aus und welche Möglichkeiten bestehen, um trotz etwaiger Verstöße einer Strafbarkeit zu entgehen?

I. Was muss versteuert werden?

Die Einnahmequellen von Influencern sind vielfältig. Produktplatzierungen, „Affiliate“-Links und Vergütungen für Videoaufrufe sind nur ein kleiner Teil der möglichen Einnahmequellen.

Was viele unterschätzen: Steuerliche Pflichten entstehen bereits sehr früh und nicht nur dann, wenn tatsächlich auch Einnahmen in Form von Geld erzielt wurden. Steuerpflichtig sind neben klassischen Geldzahlungen auch Sachzuwendungen und kostenlose Dienstleistungen, die dem Influencer zugewendet werden. Eine solche steuerbare Einnahme kann bspw. schon darin liegen, dass der Auftraggeber dem Influencer eine Hotelübernachtung spendiert oder dem Influencer bestimmte Waren im Gegenzug für eine entsprechende Bewerbung zusendet.

Dabei sieht man sich als Influencer in aller Regel einer Besteuerung in Form der Einkommens-, Umsatz- und Gewerbesteuer ausgesetzt, sodass mit steigenden Einnahmen schnell auch eine hohe Steuerlast entstehen kann.

II. Wohnsitzabmeldung – (Un-)beschränkte Steuerpflicht?

Nicht selten wird angenommen, durch einen Wegzug ins Ausland könne man sich einer Besteuerung in Deutschland unkompliziert entziehen. Tatsächlich kann aber das Gegenteil der Fall sein: Auch nach dem Wegzug können weiterhin steuerliche Pflichten in Deutschland bestehen oder sogar durch den Wegzug neue entstehen.

Denn ein Wegzug ins Ausland lässt nicht automatisch die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland entfallen. Steht in Deutschland weiterhin eine Wohnung zur Verfügung, die

regelmäßig genutzt wird, kann weiterhin ein Wohnsitz im steuerrechtlichen Sinne in Deutschland bestehen, der zur unbeschränkten Steuerpflicht führt. Auf die offizielle Abmeldung des Wohnsitzes in Deutschland kommt es dabei nicht an. Bereits ein regelmäßiger Aufenthalt in Deutschland kann unter Umständen die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland auslösen.

Selbst wenn keine unbeschränkte Steuerpflicht besteht, kann eine Besteuerung jedenfalls im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht erfolgen. Das kann unter Umständen bei Auftritten bei Events oder im TV, bei bezahlten Postings aus Deutschland heraus oder anderen Einkünften mit ausreichendem Inlandsbezug der Fall sein. Diese Einkünfte müssen dann grundsätzlich auch in Deutschland versteuert werden.

Auch gründen viele Influencer im Laufe ihrer Karriere im Inland eine GmbH – etwa zur besseren Strukturierung von Kooperationen, Werbeverträgen oder Beteiligungen an Markenprojekten. Was dabei oft übersehen wird: Wer Geschäftsanteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft hält und ins Ausland zieht, kann von der Wegzugsbesteuerung betroffen sein.

Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten fünf Jahre mit mindestens 1% an einer solchen Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist. In steuerlicher Hinsicht wird dann so getan, als hätte man die Geschäftsanteile verkauft, auch wenn dies tatsächlich gar nicht der Fall ist. Der fiktive Veräußerungsgewinn unterliegt dann der Besteuerung.

III. Fokus der Ermittlungsbehörden

Aus der aktuellen Berichterstattung lässt sich entnehmen, dass die Ermittlungsbehörden ihren Fokus zunächst nicht auf kleinere Content-Creator richten, die nur gelegentlich Kooperationen eingehen und nur geringe Einnahmen erzielen. Im Zentrum der Ermittlungen stehen Influencer, die professionell agieren, erhebliche Umsätze generieren und ihre Tätigkeit als eigenständiges Geschäftsmodell betreiben.

Bei diesen Akteuren gehen die Behörden von einem gesteigerten Risiko der Steuerhinterziehung aus, und zwar nicht nur dann, wenn verschachtelte Unternehmensformen, Auslandsbezüge und andere komplexe Geschäftsstrukturen genutzt werden, die potenziell dazu geeignet sind, Einnahmen zu verschleiern.

Auch wenn die Ressourcen der Ermittlungsbehörden begrenzt und aktuell auf Fälle mit hohem Schadenspotenzial für den Fiskus konzentriert sind, können auch diejenigen Contet-

Creator, deren Einkünfte nur unwesentlich oberhalb der jeweiligen Steuerfreibeträge liegen, davon ausgehen, dass auch sie früher oder später in den Fokus der Ermittlungsbehörden rücken. Eine frühzeitige Evaluation der steuerlichen Pflichten kann auch hier vor strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und hohen Nachzahlungen schützen.

IV. Methoden der Steuerbehörden

Die im Rahmen unserer Beratungspraxis gewonnenen Erkenntnisse zu den Methoden der Steuerbehörden zeigen, dass die Finanzverwaltung zuweilen auf moderne Software-Tools zurückgreift, um die Online-Aktivitäten von Content-CreatorInnen steuerlich zu erfassen, selbst wenn keine Steuererklärungen abgegeben werden.

Die offensichtlichste Vorgehensweise ist zunächst die schlichte Durchsicht des Social-Media-Profils. Fallen hier auf der einen Seite viele Werbepartnerschaften und andere Kooperationen auf und sind auf der anderen Seite vom Influencer keine derartigen Einkünfte erklärt, liegt der Verdacht der Steuerhinterziehung nahe. Das Social-Media Profil kann aber auch Erkenntnisse liefern, die über das reine Bestehen von Kooperationen hinausgehen. Vor allem der (gewöhnliche) Aufenthaltsort des Influencers ist für die Steuerbehörden von besonderem Interesse. Werden regelmäßig Beiträge aus demselben Haus/derselben Wohnung oder von einem anderen Ort veröffentlicht, für den ein Inlandsbezug nachgewiesen werden kann, kann dies zur Begründung eines Wohnsitzes bzw. eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland herangezogen werden und zur Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland führen.

Wesentlich raffinierter und darüber hinaus auch effizierter ist die mittlerweile gängige Nutzung sog. Social-Media Analyse-Tools. Dabei gewinnen die Steuerbehörden mittels verschiedener Analyse-Tools, die entweder frei bzw. mit Abo zugänglich sind, sowohl die Anzahl der Kooperationen als auch den Namen des jeweiligen Kooperationspartners in einem festgelegten Zeitraum.

Und auch die neuesten technischen Entwicklungen und Möglichkeiten werden von der Steuerfahndung genutzt. Vermehrt kommen KI-basierte Programme zum Einsatz, die Informationen auf den Social-Media Profilen der Influencer hinsichtlich Kooperationen und Werbepartnerschaften mit den erklärten Steuertatsachen des Influencers vergleichen können.

Im Zuge der Ermittlung der Steuerbehörden sind aber vor allem auch die Unternehmen von herausgehobener Bedeutung, die eng mit den Influencerinnen zusammenarbeiten, wie sog. Influencer Marketing Agenturen. Diese dokumentieren die Zusammenarbeit mit den

Influencern im Regelfall genau, machen das Honorar für die Influencer gegenüber den Kooperationspartnern geltend und leiten dieses – buchhalterisch dokumentiert – an die Influencer weiter. Schon im Rahmen einer möglichen Betriebsprüfung der jeweiligen Influencer Marketing Agentur erhält die Steuerbehörde Kenntnis von der Kooperation mit dem Influencer und der Höhe des Honorars und kann so unproblematisch prüfen, ob der Influencer dieses Honorar in seiner Steuererklärung ordnungsgemäß angegeben hat. Im Verdachtsfall werden jedoch auch Mitarbeiter des Managements als Zeugen befragt und aufgefordert, Auskünfte über die Einkünfte des unter Vertrag stehenden Influencers zu geben, was diese in der Regel auch tun werden, um unangenehme Konsequenzen wie bspw. eine Durchsuchung der eigenen Geschäftsräume zu vermeiden.

VI. Letzter Ausweg: Selbstanzeige?

Wer Einnahmen nicht richtig angibt, falsche Angaben macht oder einfach den Überblick verliert, rutscht schnell in den Tatbestand der Steuerhinterziehung.

Die gute Nachricht: Mit einer sog. strafbefreienden Selbstanzeige besteht die Möglichkeit, zumindest straffrei aus dieser Situation herauszukommen. Dafür muss die Selbstanzeige jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Insbesondere müssen alle relevanten Informationen zu einer Steuerart umfassend und vollständig offengelegt werden. Wichtig ist, dass dies noch vor Entdeckung durch die Finanz- und Ermittlungsbehörden erfolgen muss. Schleichen sich bei der Selbstanzeige Fehler ein oder ist diese unvollständig, kann dies die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige gefährden.

Betroffenen ist daher dringend zu raten, eine Selbstanzeige nur mit anwaltlicher Unterstützung abzugeben.

Dabei haben wir bei CLAYSTON bereits mehr als 1.000 Selbstanzeigen begleitet und verfügen daher über einen umfassenden Erfahrungsschatz nicht nur generell im Bereich des Steuerstrafrechts, sondern speziell auch hinsichtlich der Durchführung einer Selbstanzeige in der Praxis. Wir kennen die Abläufe, die Anforderungen der Finanzämter und die typischen Fallstricke, die in der Praxis auftauchen können.

Sie denken über eine Selbstanzeige nach oder haben konkrete Fragen zu Ihrer steuerlichen Situation?

Dann nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf. Wir beraten Sie diskret, persönlich und kompetent.

Kontakt:

Dr. Benjamin Knebel, Rechtsanwalt

knebel@clayston.com

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