_neue eu-sanktionen gegen russland: was europäische unternehmen jetzt wissen müssen

Am 18. Juli 2025 verabschiedete die Europäische Union ihr 18. Sanktionspaket gegen Russland – und dies hat es in sich. Die neuen Maßnahmen betreffen den Energiehandel, das Finanzwesen und die Industrieproduktion stärker denn je. Für Unternehmen bedeutet das: mehr Verantwortung, neue Risiken und ein erhöhter Anpassungsdruck.
Neuerungen im Ölsektor
Die bisherige Deckelung des Ölpreises von 60 USD pro Barrel wurde auf 47,6 USD gesenkt. Zukünftig wird die Obergrenze automatisch 15 % unter dem durchschnittlichen Weltmarktpreis für Ural-Rohöl der vorangegangenen sechs Monate liegen. Dadurch bleibt der Deckel flexibel und greift auch bei starken Preisschwankungen.
Erstmals untersagt das Paket EU-Betreibern jegliche Transaktionen im Zusammenhang mit den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2. Dazu zählen Bau, Wartung, Betrieb und sogar der Kauf von Gas, das über die Pipeline transportiert wird. Damit soll eine mögliche Reaktivierung gänzlich verhindert werden.
Ab März 2026 gilt ein Importverbot für alle aus russischem Rohöl raffinierten Produkte, sofern sie über Drittstaaten gelangen. Ausnahmen gelten nur für Länder, die selbst Nettoexporteure von Rohöl sind oder bereits eigene Verbote verhängt haben (Kanada, Norwegen, Schweiz, das Vereinigte Königreich und die USA). Zudem können Unternehmen aus Drittländern sanktioniert werden, die Öl-Embargos umgehen helfen. Für viele Unternehmen heißt das: Lieferanten wechseln, Produktionen umstellen und neue Märkte erschließen.
Maßnahmen gegen die Schattenflotte
Über 100 weitere Tankschiffe, die russisches Öl über sogenannte Schattenrouten verschiffen, dürfen künftig keinen EU-Hafen mehr anlaufen. Betroffen sind nun insgesamt 444 Schiffe. EU-Unternehmen sind zudem verboten, Hafenservices, technische Hilfe, Versicherungen und Finanzierungen für diese Flotte bereitzustellen.
Betroffen ist ebenfalls ein wichtiger Kunde der Schattenflotte: eine Raffinerie in Indien, deren Hauptaktionär Rosneft ist. Zudem wird erstmals auch der Kapitän eines Schiffes sowie ein privater Betreiber eines internationalen Flaggenregisters sanktioniert.
Finanzsektor unter Druck
Es werden zusätzlich 22 Banken vollständig vom SWIFT-System getrennt und dürfen keine Transaktionen mehr mit EU-Akteuren abwickeln. Die Transaktionsverbote gelten nun auch für den Russian Direct Investment Fund (RDIF) und vier seiner Beteiligungen.
Krypto-Anbieter und andere Finanzvermittler aus Drittstaaten, die helfen könnten, Sanktionen zu umgehen, sind ebenfalls betroffen – was den internationalen Zahlungsverkehr komplizierter macht.
Bankensoftware mit sicherheitsrelevantem Einsatz dürfen nicht mehr an den russischen Finanzmarkt weitergegeben werden. Dies hat direkte Auswirkungen für IT- und Finanzdienstleister.
Exportkontrollen und Catch-All-Klausel
Die neuen Exportverbote erfassen High-Tech-Güter, Maschinen, Kunststoffe und Metalle im Wert von über 2,5 Milliarden Euro.
Das Paket verschärft Ausfuhrbeschränkungen für Dual-Use-Güter und Rüstungskomponenten. Neu gelistet sind:
- CNC-Werkzeugmaschinen für Feldposten, Drohnen und Panzer
- Chemische Komponenten für Festtreibstoffe
- Elektronik und Software für Verteidigungsanwendungen
Zudem stehen erstmals chinesische Zulieferer und eine indische Raffinerie mit Rosneft-Beteiligung auf der Sanktionsliste.
Um Sanktionslücken zu schließen, führt die EU eine „Catch-all“-Kontrolle ein. Zoll- und Exportbehörden dürfen Verdachtsfälle von nicht gelisteten, aber sensiblen Produktlieferungen stoppen und prüfen. Ziel ist es, Umgehungsgeschäfte bereits an der Quelle zu unterbinden.
Mehr Pflichten für Unternehmen
Unternehmen in der EU müssen erneut ihre Geschäftsbeziehungen auf Sanktionskonformität überprüfen. Das betrifft nicht nur Direktgeschäfte mit russischen Partnern, sondern neuerdings auch komplexe Lieferketten und Transaktionen über Drittstaaten wie China, Indien oder die Türkei.
Wer gegen die Vorschriften verstößt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen – in einigen Mitgliedsstaaten sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen. Verstärkte Dokumentation und interne Kontrollmechanismen sind deshalb essenziell.
Fazit: Wer vorbereitet ist, bleibt handlungsfähig
Die neuen Sanktionen erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Prozesse anzupassen – doch sie bieten auch eine Chance, Lieferketten robuster und transparenter zu gestalten. Wer frühzeitig handelt, ist nicht nur rechtlich abgesichert, sondern kann auch seine Reputation als verantwortungsvoller Marktakteur stärken.
Kontakt:
Johanna Dobert, Rechtsanwältin, Associate