_zölle und verträge: was europäische unternehmen jetzt tun müssen
Zölle sind zu einem unvermeidbaren Bestandteil des internationalen Handels geworden. Für europäische Unternehmen, die mit ihren Partnern aus den Vereinigten Staaten Handel treiben, bedeuten Zölle nun höhere Kosten, größere Unsicherheit und häufige Neuverhandlungen. Viele Unternehmen fühlen sich zwischen steigenden Zöllen und dem Druck ihrer Kunden, die Preise stabil zu halten, gefangen.
Betriebsbedingte Anpassungen – wie der Wechsel von Lieferanten oder die Beschleunigung von Lieferungen – können zwar kurzfristig Abhilfe schaffen, lösen aber nicht das tiefer liegende Problem. Der eigentliche Schauplatz ist der Vertrag. Wie Sie Ihre Handelsverträge entwerfen, aushandeln und durchsetzen, entscheidet darüber, ob Zölle zu einer verheerenden Belastung oder zu einem beherrschbaren Risiko werden.
Wo Unternehmen am stärksten exponiert sind
Zölle wirken sich in mehrfacher Hinsicht auf Verträge aus:
- Preisdruck: Festpreisverträge setzen Verkäufer einem Risiko aus, wenn die Zölle plötzlich steigen. Ohne Anpassungsklauseln führen die zusätzlichen Kosten oft zu einer Verringerung der Margen.
- Störung der Lieferkette: Zölle können Lieferungen verzögern, eine Neuklassifizierung von Waren auslösen oder Lieferanten dazu veranlassen, ihre eigenen Preise zu erhöhen.
- Rechtliche Unsicherheit: Viele Unternehmen gehen davon aus, dass Zölle automatisch als Ereignisse höherer Gewalt gelten. In Wirklichkeit hängt dies jedoch vollständig vom Wortlaut des Vertrags und dem geltenden Recht ab.
- Kündigungsrisiken: Langfristige Lieferverträge können durch die Einführung von Zöllen über Nacht unrentabel werden und Unternehmen sind dann an ungünstige Konditionen gebunden.
Vertragliche Instrumente zur Minderung des Zollrisikos
Unternehmen sollten Zölle nicht als Schock betrachten, den sie allein auffangen müssen. Sorgfältig ausgearbeitete Verträge können das Risiko verteilen, Flexibilität schaffen und die Beziehungen zu Geschäftspartnern schützen. Zu den wirksamsten Klauseln gehören:
- Preisanpassungsklauseln: Diese ermöglichen es, die Preise entsprechend den Zollanhebungen oder -senkungen anzupassen. Ein formelbasierter Ansatz (z. B. Anpassung des Stückpreises um einen Prozentsatz der Zolländerung) schafft Transparenz und reduziert Streitigkeiten.
- Härtefallklauseln: Wenn Zölle die Kosten erheblich erhöhen (z. B. um mehr als 15 %), kann eine Härtefallklausel eine Neuverhandlung auslösen. Dadurch wird sichergestellt, dass keine der Parteien an Bedingungen gebunden ist, die wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll sind.
- Höhere Gewalt: Wenn Zölle oder Vergeltungsmaßnahmen die Erfüllung unmöglich machen (z. B. wenn Zollverbote die Lieferung vollständig unterbrechen), kann eine Klausel über höhere Gewalt die Nichterfüllung entschuldigen. Aber Vorsicht: Die meisten Gerichte verlangen, dass Zölle ausdrücklich als qualifizierendes Ereignis aufgeführt werden, da sonst Kostensteigerungen allein möglicherweise nicht ausreichen. Die Erfüllung muss daher unmöglich sein.
- Kündigungsrechte: Wenn Zölle einen bestimmten Schwellenwert überschreiten, ermöglichen Kündigungsklauseln einer oder beiden Parteien den Ausstieg ohne Strafzahlungen. Dies kann für langfristige Verträge, die sonst finanziell untragbar würden, von entscheidender Bedeutung sein.
- Benachrichtigungs- und Transparenzpflichten: Klauseln, die die Parteien verpflichten, sich gegenseitig innerhalb einer bestimmten Frist über Tarifänderungen zu informieren, reduzieren das Risiko von Überraschungen und fördern die Zusammenarbeit.
Praktische Schritte für europäische Unternehmen
- Überprüfen Sie Ihre Verträge: Identifizieren Sie, welche Vereinbarungen am stärksten von Tarifschwankungen betroffen sind. Achten Sie dabei besonders auf Festpreis-Lieferverträge, Logistikvereinbarungen und Vertriebsverträge.
- Überprüfen Sie das geltende Recht: Ob ein Zolltarif eine Nichterfüllung rechtfertigt, hängt oft von der Gerichtsbarkeit ab. Europäische Zivilrechtssysteme bieten manchmal umfassendere gesetzliche Erleichterungen, während Common-Law-Systeme (einschließlich des englischen Rechts) strengere Standards anwenden.
- Verhandeln Sie nach Möglichkeit neu: Viele Vertragspartner ziehen eine Neuverhandlung einem Rechtsstreit vor. Wenn Zölle die Vertragserfüllung erschweren, sollten Sie frühzeitig Gespräche aufnehmen. Oft sind Kunden oder Lieferanten bereit, sich an den Kosten zu beteiligen, wenn dadurch Störungen vermieden werden können.
- Planen Sie neue Verträge: Bauen Sie bei der Ausarbeitung künftiger Verträge Klauseln ein, die auf Zölle reagieren. Legen Sie fest, wie die Kosten verteilt werden, was passiert, wenn sich die Zölle während der Vertragslaufzeit ändern, und wie Streitigkeiten beigelegt werden.
- Denken Sie über den Preis hinaus: Bei Zollklauseln geht es nicht nur um Kosten. Sie können auch Flexibilität beim Volumen, Versandzeiten und Beschaffungsverpflichtungen abdecken – Instrumente, die helfen, Unsicherheiten zu bewältigen, ohne Beziehungen zu schädigen.
Compliance und Reputation
Bei der Suche nach Entlastungen dürfen Unternehmen die Compliance nicht außer Acht lassen. Die falsche Einstufung von Waren zur Senkung der Zollbelastung oder die Nichteinhaltung von Zollvorschriften kann zu Untersuchungen, Strafen und Reputationsschäden führen. Strenge Compliance-Prozesse sind unerlässlich und können sogar zu einem wirtschaftlichen Vorteil werden, wenn Kunden Zuverlässigkeit verlangen.
Ausblick
Zölle werden zumindest für einige Zeit Teil der globalen Handelslandschaft bleiben. Europäische Unternehmen können dieses Risiko nicht beseitigen, aber sie können es strategisch steuern. Verträge sollten nicht länger als statische Dokumente betrachtet werden, die unterzeichnet und dann vergessen werden. Stattdessen müssen sie lebendige Instrumente sein, die sich mit dem Handelsumfeld weiterentwickeln.
Gut formulierte Klauseln geben Unternehmen die Flexibilität, sich anzupassen, die Hebelwirkung für Neuverhandlungen und die rechtliche Grundlage, um ihre Leistung zu schützen. In einer Zeit sich wandelnder Handelspolitik werden nicht diejenigen Unternehmen erfolgreich sein, die auf Änderungen der Zölle warten, sondern diejenigen, die Veränderungen antizipieren und darauf vorbereitet sind.
Kontakt:
Koray Dagdeviren, Rechtsanwalt (TR), Of Counsel
